Archiv der Jahrestagungen

Die Jahrestagung 2023 der Gesellschaft für Medienwissenschaft (GfM) lädt unter dem Titel „Abhängigkeiten“ zur Rekonstruktion, Reflexion und systematischen Kritik medienspezifischer Abhängigkeitsverhältnisse ein. Damit adressieren wir unterschiedliche Abhängigkeiten von und in Medien wie in der Medienwissenschaft. Im Rahmen der Rekonstruktion, Reflexion und systematischen Kritik medienspezifischer Abhängigkeitsverhältnisse findet zudem ein Austausch mit dem Exzellenzcluster „Beyond Slavery and Freedom“ der Universität Bonn statt.

Das Tagungsthema «Arbeit» fragt nach dem Verhältnis von Arbeit und Medien in der ganzen Bandbreite von theoretischen, historischen und analytischen sowie medienpraktischen, sozialen und politischen Problemstellungen: von den gegenwärtigen medialen Bedingungen und Ermöglichungen von Arbeit über Darstellungen, Reflexionen, Modi und Formen des Arbeitens mit und in Medien sowie arbeitende Medien hin zu den Arbeitsmodalitäten der Medienwissenschaft selbst.

Seit der Pointierung des Begriffs ‚Ökologie‘ im 19. Jahrhundert durch Ernst Haeckel sind etliche be­griffliche Akzentuierungen und zahlreiche Anwendungen derselben in den verschiedensten Feldern vorgenommen worden. Das betrifft nicht nur die Ökologie als Teildisziplin der Biologie und alltags­weltliche Diskurse im Kontext normativer Dimensionen des Umweltschutzes und Ideologien der Nachhaltigkeit, sondern auch Ökologie als Paradigma der Informations-, Kommunikations-, Sozial-, Literatur-, Kultur- und Medienwissenschaft.

Experimentieren kann als epistemologischer Anspruch der Moderne verstanden werden, Wirklichkeit über Leerstellen und prinzipielle Ergebnisoffenheit zu adressieren. Experimente sind der Zukunft zugewandt, indem sie aus der Vergangenheit eine Gegenwart extrapolieren und so alle drei Zeitebenen zugänglich machen. Experimentieren bedeutet, aktiv einer Situation gegenüberzutreten und epistemische Ungewissheiten als Handlungsspielräume für die Generierung neuen Wissens auszutarieren. Wissen und Nichtwissen sind im Experimentieren ineinander verschränkt.

Im Zentrum der Jahrestagung steht die Frage nach dem Zusammenspiel von Medien und Materialitäten. In einem Zeitalter, das maßgeblich von kultureller, technischer und ökonomischer Konvergenz geprägt ist, rücken neben transmedialen auch transmaterielle Adaptionspraktiken in den Blick. Bedeutung wird nicht einfach übertragen, sondern obliegt neben den Anpassungen an ein bestimmtes Trägermaterial oftmals weiteren komplexen Aushandlungsprozessen.

Die „Industrialisierung des Sehens“ ist seit 30 Jahren ein zentrales Movens der Medienwissenschaft. Doch Paul Virilios These von der Automatisierung und Synthetisierung der Wahrnehmung erscheint unter den gegenwärti­gen medialen, sozialen und industriellen Bedingungen in einem neuen Licht. Die Universität Siegen lädt ein, um über die Medien der industriellen Produktion, die Produktionsprozesse von Medien sowie die neuen industriellen Ästhetiken des Sozialen zu diskutieren. Neben der Beschäftigung mit der histori­schen Verflechtung der Medien- und Industrieentwicklung soll insbesondere eine Positionsbestim­mung der Medienwissenschaft innerhalb des aktuellen Diskurses um digitale Kulturen und digitale Gesellschaf­ten vorgenommen werden. Mit welchen veränderten Materialitäten und „Enrichisse­ments“ (Boltanski) digitaler Arbeit haben wir es in der apostrophierten „Industrie 4.0“ zu tun?

Das diesjährige Tagungsthema „Zugänge“ widmet sich in einem umfassenden Sinne allen Schwellensituationen, die dem Mediengebrauch, sei es im produktiven, im konsumistischen oder analytischen Sinne, vorgeschaltet sind und die sich häufig genug auch als ebensolche Schwellen oder Barrieren materialisieren und/oder juristisch und ökonomisch veritable Formen annehmen. Beobachtbar sind somit ebenjene Artefakte selbst wie auch die ihnen vorgelagerten diskursiven Operationen, mithin rechtliche, epistemologische, soziale, politische, ethische etc. Formationen, die Mediennutzungen rahmen und ermöglichen bzw. ausschließen.

Das diesjährige Tagungsthema "Kritik" fragt nach dem Verhältnis von Kritik und Medien in einer ganzen Bandbreite von theoretischen, historischen und analytischen sowie medienpraktischen, sozialen und politischen Problemstellungen: Von den gegenwärtigen Möglichkeiten und Bedingungen kritischer Medien zur medienphilosophischen Kritik der Medialität, von der Aktualität oder Obsoleszenz von Ideologiekritik und Kritischer Theorie zu den alltäglichen Praktiken der Filmkritik. 
Das diesjährige Tagungsthema »Utopien. Wege aus der Gegenwart« fragt nach der Utopie, ihrem Handlungspotential und ihrer gesellschaftlichen Bedeutung sowie der Rolle, die Medien in diesem Zusammengang spielen und spielen können.
Die Vertikale, die wir im Titel dieser Konferenz zwischen die »Medien« und das »Recht« gesetzt haben, ist eine Linie, die sich in viele Richtungen verlängern lässt und vieles miteinander verbinden kann. Beispielsweise die GfM-Tagungen der vergangenen drei Jahre: Ähnlich wie die »Medien der Wissenschaften« (Lüneburg 2013) stellt die diesjährige Konferenz die Frage nach den meist latenten Voraussetzungen medienwissenschaftlicher Praxis und danach, wie diese reflexiv eingeholt werden können.
Zu den kaum bestreitbaren Vorzügen der Medienwissenschaft gehörte immer schon ihre Aufnahmebereitschaft. Ob in der Rekrutierung von Personal oder der Akquise von Themen, ob in der Ausweitung von Lektüren oder der Adaption von Methoden: stets hat sich das (in manchen Bereichen feste, in manchen flüssige) Gebilde, welches über vier Jahrzehnte hinweg in unterschiedlicher Weise als „Medienwissenschaft“ firmierte und sich im Turnus halber Generationen immer neu zu erfinden vermochte, als hochgradig adaptionsbereit und integrationsoffen erwiesen. Als Produkt und zugleich Beobachterin medientechnologischer Veränderungen (wie etwa Fotografie, Film, Video, Computer, Netz) war und ist von ihr nicht nur eine erhöhte Selbstreflexivität hinsichtlich der „Medien der Wissenschaften“ gefordert.
Dass etwas bloße Spekulation sei, meint in der Regel, dass einer Aussage die empirische oder rationale Grundlage fehlt. Dem Klatsch und dem Gerücht verwandt, steht sie unter dem Verdacht der Transgression und der Halbwahrheit. Als Sprech- und Darstellungsregister ist die Spekulation zugleich ein Modus des Populären und ein konstitutives Medium moderner Wissensgesellschaften.
Unter »Dysfunktionalität« fällt alles, was nicht oder nicht mehr funktioniert, was gegebene Funktionen unterläuft oder sich Funktionalitäten überhaupt widersetzt bzw. sich nicht angemessen in ein (auch technisches) Funktionieren übersetzen lässt.
Das Thema bezieht sich auf alle denkbaren Formen und Phänomene der Schlaufen und Schleifen, der Rekursionen und Feedbacks, der Wiederkehr und der Wiederholung, der Kehren, Wenden und Turns. Sie sind als Verlaufsfiguren medialer Prozessualität beschreibbar. Sie wirken z.B. zentral in der Konstitution von Medien mit.
Dass die Medien an der Produktion und der Strukturierung von Wissen entscheidend beteiligt sind, wird an so unterschiedlichen Phänomenen wie Wikipedia, Ratgebersendungen des Fernsehens, pädagogischen Filmen und medizinischen High-Tech-Untersuchungen gleichermaßen deutlich. Zudem hat die jüngere Forschung gezeigt, wie sehr historische Wissensformen – naturwissenschaftliche Erkenntnisse ebenso wie populäres Sich-Auskennen – an spezifische Medien sowie allgemeiner an Phänomene von Medialität gebunden sind. Die Filmgeschichtsschreibung entdeckt die spezifische Pragmatik und Ästhetik von Instruktionsfilmen, die Cultural Studies rekonstruieren die Produktion von Fanwissen im Internet, die Medienarchäologie verweist auf die Relevanz von Karteikästen und Notizbüchern, die Wissenschaftsforschung fokussiert die Medialität von Schaubildern und medizinischer Bildgebung. Diesseits der pauschalen Diagnose einer Wissensgesellschaft lassen sich vielfältige Beispiele für solche Kopplungen von Medien und Wissen benennen.
Unter Referenz versteht man in der Medienwissenschaft gemeinhin den Weltbezug der Medien und ihrer Bilder – das Bemühen um einen ‚Dokumentarismus‘. Die Diskussionen um diese Gattung(en) des Medialen sind so alt wie die Mediengeschichte und durchziehen sie, immer wieder neu genährt und neu begründet, und sie sind auch heute erneut aktuell: durch neue dokumentarische Strömungen und Formen in Fernsehen, Film und Neuen Medien.
„Partizipation“ ist der Begriff, mit dem der sich wandelnde Umgang mit den Medien gegenwärtig vor allem beschrieben wird. Mit dem Begriff des Spiels kann diese Beschreibung sowohl technisch konkretisiert (Computerspiel) als auch mediengeschichtlich generalisiert werden (‚Spiel im Medium‘/‚Spiel mit dem Medium‘). Dass und vor allem worin zumal der digitalen Kultur ein ludisches Potenzial attestiert wird, war vor diesem Hintergrund eine der zentralen Fragestellungen der Jahrestagung.