Kontakt: mewidisab-request@listserv.dfn.de
Die Arbeitsgruppe ›Medienwissenschaft und Dis/Ability Studies‹ widmet sich der medienwissenschaftlichen Forschung an der Schnittstelle zu den Dis/Ability Studies. Ihr Ziel besteht einerseits in der Förderung und Verstetigung der im deutschsprachigen Raum bereits existierenden Forschung zum Thema ›Medien und Nicht/Behinderung‹ und andererseits in der Intensivierung des Austauschs mit dem sich international herausbildenden Feld der ›Media Dis/Ability Studies‹. Indem sie innerhalb der Gesellschaft für Medienwissenschaft die Aufmerksamkeit auf das Thema Nicht/Behinderung lenkt, bietet die AG außerdem eine Plattform für Forschungsprojekte, die in mindestens dreifacher Hinsicht wichtige Beiträge zur einer kulturwissenschaftlich orientierten Medienwissenschaft leisten.
Erstens interessiert sich die AG für die Beteiligung von Medien an der soziotechnischen, diskursgeschichtlichen und epistemischen Konstruktion von Nicht/Behinderung und den damit verbundenen gesellschaftlichen Prozessen von In- und Exklusion. Dieses Interesse kann einerseits Fragen der Repräsentation von ›Behinderung‹ in Medien betreffen, wenn deren historischer und technischer Charakter dabei mitreflektiert wird. Andererseits werden Medien im Sinne des aus den kulturwissenschaftlichen Dis/Ability Studies stammenden ›kulturellen Modells‹ als ein Faktor der Kategorisierung von Körpern bzw. der Konstruktion von Normalität und Abweichung begriffen: Medien generieren je spezifische Formen von Ein- und Ausschlüssen, etwa durch die Art und Weise ihrer intendierten Nutzung, ihre Verbreitung bzw. Reichweite oder durch die Privilegierung bestimmter Sinnesorgane und Körperteile. Medienwissenschaft kann deshalb einerseits zu einem besseren Verständnis gesellschaftlicher Konstellationen von In- und Exklusion beitragen und zugleich die klassische binäre Zugangs- und Inklusionslogik problematisieren. Andererseit verspricht die Hinwendung zu Forschungsthemen wie ›Assistenz‹, ›Teilhabe‹ oder ›Zugänglichkeit‹ neue Perspektiven auf die epistemische und handlungspraktische Eingebundenheit technischer Medien und das Verhältnis von divers fähigen Körpern, Technik und Sinneserfahrungen.
Zweitens unterstützt die AG den methodologischen und theoretischen Austausch zwischen Medienwissenschaft und den Dis/Ability Studies. Dabei geht es einerseits darum, Impulse aus den Dis/Ability Studies für medienwissenschaftliche Forschung zu prüfen und andererseits die Potenziale einer genuin medienwissenschaftlichen Auseinandersetzung mit Nicht/Behinderung klar zu definieren und von anderen Fachkulturen abzugrenzen. Ein wichtiger Aspekt besteht dabei in der kritischen Auseinandersetzung mit etablierten Medientheorien. Vertreter*innen der Dis/Ability Studies haben in der Vergangenheit beanstandet, dass diese ›Behinderung‹ zwar oft als abstraktes Beispiel verwenden, die individuelle und alltägliche Erfahrung von divers fähigen Menschen bei der Verwendung von Technik dabei aber ausblenden. Im Zuge einer Aktualisierung medienwissenschaftlicher Theorien und Methoden im Austausch mit den Dis/Ability Studies müssen hergebrachte Begriffe wie ›Behinderung‹ oder ›Einschränkung‹ deshalb einerseits mit Blick auf ihre medientheoretischen Implikationen reflektiert und andererseits in Beziehung zu international etablierten Konzepten wie dis-/abilities gesetzt werden, welche eine abstrakte Kategorienbildung durch Untersuchungen situativ hergestellter Formen von Nicht/Behinderung umgehen.
Drittens verspricht die Verbindung von Medienwissenschaft und Dis/Ability Studies Forschungsbeiträge zur theoretischen Reflexion, medienhistorischen Aufarbeitung, medienpraxeologischen Untersuchung und ästhetischen Analyse digitaler Kulturen. Digitale Medien haben den Alltag und Beruf von Menschen mit kognitiver, motorischer oder sensorischer Einschränkung in signifikantem Maße verändert. Einerseits werden assistive Medien als ›Hilfsmittel‹ oder ›Assistenten‹ eingesetzt, um existierende Barrieren zu überwinden, andererseits schaffen sie neue Barrieren. Die AG versammelt solche Forschungsvorhaben, die das Verhältnis von Digitalität und Nicht/Behinderung mit Blick auf neue Nutzungsweisen, technikimmanente Eigenschaften, gesellschaftliche Ausgrenzungsprozesse, herrschende Diskursformationen sowie juristische und ökonomische Rahmenbedingungen untersuchen. Auf diese Weise verfolgt die AG das Ziel, neue medienwissenschaftliche Erkenntnisse und Positionierungen zu aktuellen gesamtgesellschaftlichen Debatten um digitale Inklusion, Zugänglichkeit und mediale Teilhabe beizutragen.
Die AG wird sich jährlich im Rahmen der Jahrestagung treffen und darüber hinaus gemeinsame Panels zum interdisziplinären Austausch auf internationalen Konferenzen konzipieren. Langfristig ist die Entwicklung gemeinsamer Forschungsprojekte im engen Dialog und in Kooperation mit internationalen Kooperationspartner*innen geplant.
Kontakt:
Prof. Dr. Jan Müggenburg
Juniorprofessor für Medien- und Wissenschaftsgeschichte
PI DFG Projekt »Medien der Assistenz«
Leuphana Universität Lüneburg
Institut für Kultur und Ästhetik Digitaler Medien
Universitätsallee 1, C5.320
21335 Lüneburg
Fon: 0049 4131 6771647
E-Mail: mueggenburg [at] leuphana.de
http://www.leuphana.de/jan-mueggenburg.html
Prof. Dr. Robert Stock
Juniorprofessor für Kulturen des Wissens
Humboldt-Universität zu Berlin
Kultur-, Sozial- und Bildungswissenschaftliche Fakultät
Institut für Kulturwissenschaft
Georgenstraße 47, 10117 Berlin
Fon: 030-2093-66278
Email: robert.stock[at]hu-berlin.de
https://www.culture.hu-berlin.de/de/institut/kollegium/robert-stock
MA Anna-Lena Wiechern
Wissenschaftliche Mitarbeiterin
DFG Projekt »Medien der Assistenz«
Leuphana Universität Lüneburg
Centre for Digital Cultures
Am Sande 5
21335 Lüneburg
Mail: anna-lena.wiechern[at]leuphana.de
https://www.leuphana.de/institute/icam/personen/anna-lena-wiechern.html