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Spätestens mit der COVID-19-Pandemie hat sich gezeigt, welche zentrale Rolle digitale Medien in der Entstehung von neuartigen politisch aktiven Gemeinschaften und Affektkulturen, Verschwörungsnarrativen und alternativem Wissen haben. Heute bestimmen nicht allein menschliche Praktiken und von Menschen hergestellte Inhalte politische Diskurse, sondern gerade das Zusammenwirken mit technischen Kommunikationsstellen bringt neue Gefüge hervor. Auch aufgrund einer äußerst niederschwelligen Produktionsweise, der leichten Teilbarkeit und dem Viral-Gehen digitaler Inhalte entwickeln sich Eigendynamiken, die für Demokratien eine nicht zu unterschätzende Herausforderung darstellen.
Die AG hat sich zum Ziel gesetzt, diesen menschlich-technischen Gefügen und ihren medialen Dynamiken wie den daraus erwachsenden politisch-gesellschaftlichen Auswirkungen nachzugehen. Fragen nach der Entstehung und Funktionsweise von Verschwörungserzählungen, neuen digitalen Gemeinschaften und deren spezifischen Affektkulturen bilden die erste Säule des Forschungsinteresses. Welche Praktiken (Wissensproduktion, Aktivismus) bilden sich in solchen Gemeinschaften und Kommunikationskulturen heraus? Wie werden beispielsweise in sozialen Medien mit visuellen und textuellen Kurzformen Gefühlslagen bedient und neue Narrative gestreut, um politische Akteure zu unterstützen oder bewusst zu diskreditieren? Wie sind die aus Telegram-Kanälen und Webseiten wie z.B. 4Chan entstehenden digitalen Gemeinschaften strukturiert und organisiert? Sind sie überhaupt Teil des politischen Diskurses oder gehören sie zur Sphäre der Antipolitik? Wie positionieren sich der etablierte Journalismus und die Massenmedien zu diesen Diskursen? Wie verhalten sie sich außerhalb des digitalen Raums? QAnon, Querdenker:innen, Incels und andere politisch aktive Subkulturen werden auf ihre medialen Praktiken und Kommunikationsformen, weniger auf die in den Gemeinschaften zirkulierenden einzelnen Inhalte hin analysiert. Besonders soziale Medien, digitale Kommunikation, Online-Plattformen wie YouTube, Twitter, 4Chan und die entsprechenden digitalen Praktiken stehen hier im Vordergrund. Dementsprechend stellt sich auch die Frage nach der Trennung von Alltagsleben und Online Kulturen, die sich im Begriff des Onlife auflöst.
Die zweite Säule der AG bildet der Gesichtspunkt, welche Auswirkungen auf unser aller Wirklichkeit und politisches Klima diese Dynamiken und Netzwerke haben. Neben den Praktiken, der niederschwelligen Machart, der Medialität und Organisation bildet der wissenschaftliche Blick auf die politische Instrumentalisierung, die eigene und alternative Bedeutungsgenerierung in Gemeinschaften und die jeweiligen gesellschaftlichen Auswirkungen von Verschwörungserzählungen und Affektkulturen einen Fokus. Gerade den Tendenzen zur gesellschaftlichen Tribalisierung und zur politischen Polarisierung soll durch Analyse der medialen Machart nachgespürt werden. Weitere Spezialisierungen können Themen wie Wissenschaftsfeindlichkeit, Modernisierungsangst, Antisemitismus, Rassismus oder Misogynie als Wirkungsweise von organisierten Affektkulturen, menschlich-technischen Gefügen und Verschwörungserzählungen behandeln.
Die beiden Säulen der AG sind zwischen verschiedenen Forschungsfeldern situiert. Aufgrund der zahlreichen und miteinander verwobenen Aspekte ist darum die AG ausdrücklich methodisch vielseitig und offen ausgerichtet. Auch wenn der Fokus auf der medialen Machart liegt, werden gerade Forscher:innen willkommen geheißen, die eine breite disziplinäre Basis vertreten und/oder die mixed-method-Approaches einsetzen und Interdisziplinarität als Ideal verfolgen.
Gründungsmitglieder:
Dr. Samuel Breidenbach (btu Cottbus-Senftenberg)
Dr. Vincent Fröhlich (Philipps-Universität Marburg)
Dr. Martin Hennig (Eberhard Karls Universität Tübingen)
Prof. Dr. Angela Krewani (Philipps-Universität Marburg)
Kevin Pauliks (Philipps-Universität Marburg)
Dr. Anne Ulrich (Eberhard Karls Universität Tübingen)
Deborah Wolf (Heinrich Heine Universität Düsseldorf)
PD Dr. Peter Zimmermann (Medienbüro Düsseldorf)