Die deutschsprachige Medienwissenschaft ist eine kulturwissenschaftliche Disziplin, die eine große Bandbreite von Medien mit einer Vielfalt an Methoden untersucht. Gemeinsame Grundlage ist die Überzeugung, dass Medien über einen instrumentell-technologischen Zugang nur unzureichend zu begreifen sind und dass vor allem unsere moderne, sogenannte „Medien“-Gesellschaften im eigenen Interesse nicht auf ein derart verkürztes Verständnis von Medialität setzen sollten. Medienwissenschaft impliziert die theoretische Reflexion, ästhetische Analyse und Deutung von Medien im Rahmen eines historisch informierten Vorgehens. Damit eröffnet die Medienwissenschaft einen Zugang zu Medien, der über die Einübung instrumenteller „Benutzer“-Fertigkeiten hinaus Medien in ihren kulturellen, wirtschaftlichen, technischen und gesellschaftlichen Verflechtungen sichtbar macht. Da Medien als Mittel Einzelnen, Gruppen und ganzen Gesellschaften eine Verständigung über sich selbst ermöglichen, ist es ein zentrales Anliegen medienwissenschaftlicher Forschung, aufzuzeigen, wie Medien Inhalte und Form dieser Verständigung prägen und strukturieren.
Von besonderer Bedeutung sind in diesem Zusammenhang die laufenden kulturellen, technischen und gesellschaftlichen Transformationsprozesse, die unter dem Oberbegriff der „Digitalisierung“ in ihrer Komplexität bislang nur ansatzweise erfasst sind. Vor dem Hintergrund einer langen historischen Erfahrung mit vormals neuen Medien, wie der Photographie, dem Kino, dem Fernsehen usw., kann die Medienwissenschaft im Sinne einer Medienarchäologie dazu beitragen, gegenwärtige Entwicklungen reflexiv einzuholen und historisch zu verorten – und zwar jenseits der meist unproduktiven Fortschritts- und Krisendiskurse, die das Aufkommen neuer Medien seit jeher begleiten.
Moderne Gesellschaften sind nicht zuletzt für ihre wirtschaftliche Reproduktion auf eine fortlaufende Aneignung neuer Medientechniken und eine Einübung in deren Funktionslogiken angewiesen. Diesem ‚Mediengebrauchswissen‘ ist jedoch die Fähigkeit zu einer kritischen Reflexion von Medien und ihren Gebrauchsformen gleichberechtigt hinzuzustellen. Gerade in Zeiten fortlaufender Digitalisierung ist Medienbildung daher ein wichtiges Feld, auf dem die Medienwissenschaft ihre Ansätze und Kompetenzen gegenüber einer breiteren Öffentlichkeit offensiver vertreten will.
Was die Medienwissenschaft in der kritischen Reflexion von Medien als konstitutivem Element von Kultur und Gesellschaft zu leisten fähig ist, kann sie im angestammten akademischen wie im weiteren gesellschaftlichen Zusammenhang nur erbringen, wenn in Forschung und Lehre Bedingungen gegeben sind, die den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern über die unterschiedlichen Statusgruppen hinweg eine gute Arbeit ermöglichen. Neben den genannten Forschungsagenden vertritt die GfM mit dem jüngst verabschiedeten Kodex für gute Arbeit in der Medienwissenschaft daher genauso entschieden auch eine wissenschaftspolitische Position.