Hier finden Sie die Stellungnahme des Vorstands und des Beirats zu den Attacken des ÖVP-Wissenschaftssprechers Rudolf Taschner:
"In seiner Rede auf der 32. Sitzung des österreichischen Nationalrats am 17. Juni 2025 bezeichnete der ÖVP-Wissenschaftssprecher Dr. Rudolf Taschner das Forschungsprojekt Nicht aufwachen! Zukunftsträchtige Träume in den Künsten der Medien-, Kunst- und Kulturwissenschaftlerin Dr. Marietta Kesting als „scheinbare Wissenschaft“. Über das seit 2024 vom FWF (Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung) geförderte Projekt an der Musik und Kunst Privatuniversität der Stadt Wien (MUK) sagte der ÖVP-Wissenschaftssprecher, „da brauche ich kein Experte zu sein, um zu sagen: Das ist verbranntes Geld, das ist sinnlos!“ Die Inhalte fasst er zusammen als „Keywords Dreams, Sleep, Media Technology, Performance und, was natürlich drinnen stehen muss, Decolonization und Gender'“. Auch die Nachfrage von Der Standard beantwortet der Abgeordnete auf unsachlicher Uninformiertheit insistierend: „Es ist überflüssig, weitere Informationen über das Projekt einzuholen, um zur Erkenntnis zu gelangen, dass dem FWF ein Lapsus bei der Fördergeldvergabe unterlief.“ Es ist des Amtes eines Wissenschaftssprechers unwürdig, ausdrücklich ohne Argumente, ohne Expertise und somit ausschließlich an Ressentiments ausgerichtet die Arbeit wissenschaftlicher Kolleg*innen zu diskreditieren. Der Vorstand und der Beirat der Gesellschaft für Medienwissenschaft (GfM) kritisieren dieses Vorgehen auf das Schärfste. Hier wird – auf hoher politischer Ebene – wissenschaftliche Forschung mit haltlosem Populismus attackiert.
Wir schließen uns mit Nachdruck den Zurückweisungen an, die der Präsident des Österreichischen Wissenschaftsfonds, Christof Gattringer, die österreichischen Wissenschaftsministerin Eva-Maria Holzleitner, der Rektor der MUK, Dr. Andreas Mailath-Pokorny, und das Elise-Richter-Netzwerk formulierten. Wir sind beeindruckt von der Klugheit der Worte, die Dr. Marietta Kesting der Diffamierung ihres Projektes in ihrem Der Standard-Kommentar vom 17. Juli 2025 entgegen hielt, und damit auch eindrücklich die Substanz- und Ahnungslosigkeit der Rede Dr. Taschners eloquent vor Augen führte.
Neben der Abwertung spezifischer Leitbegriffe zeitgenössischer Forschung wie ‚Gender’ oder ’Dekolonisierung’ alarmiert uns auch folgende Aussage Taschners, die er an die anwesenden Politiker*innen richtete. Er sagte: „Wenn die Wissenschaft nicht diese Selbstreinigungskräfte besitzt, dann sind wir gefordert, denn es ist Geld der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, das da ausgegeben wird.“ Diese Formulierungen greifen nicht nur die gesetzlich verankerte Autonomie des Wissenschaftsfonds, sondern auch die verfassungsrechtlich garantierte Freiheit der Wissenschaft an. Dabei insinuiert die Vorstellung der Reinigung der Wissenschaft, bei den inkriminierten Forschungsrichtungen handele es sich um Schmutz. Derartige Reinigungsfantasien führen tief in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts zurück. Wissenschaftliche Themen und Fragestellungen in derartigen Kategorien zu verhandeln und dies darüber hinaus öffentlich im österreichischen Parlament zu tun, widerspricht wissenschaftlicher Redlichkeit und Verantwortung und verträgt sich in einem demokratisch verpflichteten Zusammenhang nicht mit dem Amt eines Wissenschaftssprechers. Die Freiheit der Wissenschaft ist eine der fundamentalen Säulen demokratisch verfasster Gesellschaften. Die ÖVP versteht sich als demokratische Partei. Als solche steht sie hier in der Verantwortung. Zur Wahrnehmung eben dieser Verantwortung fordern wir sie auf."